• 17.02.2019 2019 , Treffen

    NATUR- (GUTE) FOTOGRAFIE – ETHIK

    Bericht zum Treffen der GDT-Regionalgruppe IX Mecklenburg-Vorpommern vom 26.- 27.01.2019

    „Sehen verändert unser Wissen, Wissen verändert unser Sehen.“ – diesen klugen Satz von Jean Piaget hat Anne Meyer der Einladung zum Treffen der GDT-Regionalgruppe in Mecklenburg-Vorpommern am letzten Januarwochenende 2019 vorangestellt. Eine Bildbesprechung und eine Diskussion zur Ethik in der Naturfotografie standen auf dem Programm des Treffens im Waldschulheim Steinmühle bei Carpin und 19 Mitgliedern der Gruppe war diese Thematik ein dickes Kreuz im Kalender wert. Aber der Reihe nach.

    Während andere Teile Deutschlands in den zurückliegenden Wochen förmlich im Schnee versunken waren, schauten hier im Nordosten Deutschlands die Naturfotografen immer noch sehnsüchtig auf erste rosafarbene, in Richtung Osten ziehende Partien auf dem Wetterradar.
    Und so war die Freitagsabendkaminrunde in der Steinmühle nicht nur mit intensiven Gesprächen über die Regionalgruppe und die Fotografie beschäftigt, sondern späte in Erwartung erster Schneeflocken durch das Fenster in die stockdunkle Nacht.
    Bis zum Morgengrauen hatte sich ein Hauch von Weiß über die Landschaft gelegt und im ersten blassen Licht verliefen sich zahlreiche Fotografenfußabdrücke auf dem Schneetuch in Richtung der stillen Waldwege. Die Spuren von Fuchs und Otter zeigten an, dass beide noch früher unterwegs und im weißen Nirgendwo verschwunden waren. Für diesen Morgen war nicht mehr mit den Beiden zu rechnen…

    Gegen Mittag füllte sich nicht nur der Parkplatz, auch im Vortragsraum begann das Stühlerücken. Um 13.00 Uhr eröffnete Volker Bohlmann als einer der Leiter der Regionalgruppe die Veranstaltung. Die bei vergangenen Treffen als Bereicherung empfundene Bildbesprechung war der erste Programmpunkt. Eine ehrliche und konstruktive Bildkritik hilft nicht nur den Autoren. Eine Diskussion über Bildwirkung und Komposition bringt jeden in seiner fotografischen Entwicklung weiter oder ermöglicht darüber hinaus einen Blick über den eigenen fotografischen Tellerrand.
    Bevor in der Kaffeepause leckerer selbstgebackener Kuchen verdrückt wurde, diskutierte die Gruppe über die Rohschnitte von zwei Videosequenzen der Multivisionsshow „ Wasser, Licht & Weite“.

    Das Herzensthema von Dr. Lothar Wölfel „Ethik in der Naturfotografie“ nahm einen großen Raum bei unserem Treffen ein. Erste thematische Anmerkungen und theoretische Ansätze waren den Mitgliedern schon mit der Einladung zugekommen.
    „Wie steht es mit unserer Verantwortung zum Schutz unserer Natur? Wie halten wir es mit der Ehrlichkeit bei dem, was wir abbilden? Spricht Wahrhaftigkeit aus unseren Fotos oder zeigen wir nur wohlfeil sorgfältig gewählte enge Ausschnitte einer ansonsten anderen Wirklichkeit? Wie ist es mit der Balance der schönen meditativen Fotos auf der einen Seite und den Fotos auf der anderen Seite, die sich eher der ungeschminkten Realität nähern? Können wir, die wir technisch und intellektuell in der Lage sind die Bedrängnis der umgebenden Natur zu erkennen und in emotional wirksame Bilder zu fassen, uns auch zukünftig von dieser Aufgabe freisprechen? Tun wir wirklich unserer Mitwelt einen Gefallen, wenn wir nur die schönen und intakten Seiten unserer unmittelbaren Umwelt zeigen?“ Dies sind Auszüge aus den von Lothar Wölfel aufgeworfenen und durchaus kontrovers diskutierten Fragen. Das Zitat von Gisele Freud: „ Für Fotografen gilt es vor allem, den Geist dessen zu erfassen und wiederzugeben, was er abbildet und nicht bei der äußeren Wiedergabe stehenzubleiben.“ bringt die Ansätze von Lothar Wölfel auf den Punkt und wurde von ihm mit starken beispielhaften Bildern untermauert.

    Nach dem Abendessen wurde es „einfach nur schön“ und Silko Bednarz zeigte eine Auswahl seiner „Kantenbilder“. Die von ihm in der vermeintlichen Tristesse zwischen November und Januar fotografierten Waldränder zeigte er in einer unglaublichen Fülle an Farben und Strukturen - ein kleines ästhetisches Fest mit guter Naturfotografie.

    Die anschließende Präsentation des Films „TOMMOROW“ wurde für manche, besonders wenn sie noch den Heimweg vor sich hatten, zu lang. Für die, die bis zum Schluss durchhielten, war der Film Diskussionsgrundlage bis Mitternacht und wenn es, neben dem Hauptinhalt des Filmes, um eine Analyse von Kameraführung, Schnitt und der Vermittlung von Inhalten ging.

    So manches „Ja aber…“ saß dann mit am Sonntagsfrühstückstisch. Das Hinterfragen des eigenen selektiven Blicks aus der durchaus komfortablen (Lebens-) Blase heraus und des eigenen fotografischen Ansatzes gingen mit auf die Heimreise.
    Vom ursprünglichen Ansatz der geplanten Diskussion zur Ethik in der Naturfotografie waren wir schnell abgekommen zu einem „Ist die Welt noch zu retten und wo ist unser Platz dabei?“
    Manche Dinge entwickeln ihre eigene Dynamik und das ist auch gut so.

    Ein besonderer Dank an Anne Meyer, die die Vorbereitung und Organisation des Treffens übernommen hat, an Volker Bohlmann, der die technische Betreuung übernahm und durch das Programm führte und an Lothar Wölfel für seine Sicht auf die Ethik in der Naturfotografie und die damit verbundenen Denkansätze für alle Beteiligten.

    Ach ja, am Sonntagmorgen regnete es wieder…

    Text: Claudia Müller

    Porträt Lothar Wölfel: Christoph Völzer
    Bilder: Claudia Müller

    © Christoph Völzer - Lothar Wölfel© Claudia Müller© Claudia Müller